Themenheft online 2011: "Aufeinander hören – Miteinander leben"
Aufeinander hören – miteinander leben.
Eine jüdische und israelische Perspektive
Debbie Weisman
Dr. Deborah Weisman, geboren in New York, lebt seit 1972 in Israel. Sie ist Pädagogin und aktiv im interreligiösen Dialog, Präsidentin des Internationalen Rates der Christen und Juden (ICCJ) und Vizepräsidentin des Inter-Religious Coordinating Council in Israel.
Dankbar nehme ich die Gelegenheit wahr, die mir der Deutsche Koordinierungsrat hier bietet, um über die Thesen fünf bis acht der "Berliner Thesen" zu sprechen, also jene vier Aufforderungen, die sich an Juden und die jüdischen Gemeinden richten. Ich wurde gebeten, über diese Aufforderungen aus der Perspektive einer religiösen, israelischen Jüdin nachzudenken. Im Hebräischen gibt es ein Sprichwort: "Frag den Bäcker nicht nach der Qualität des Teigs". Als Vorsitzende des Ausschusses, der diese Aufforderungen erstmals entwickelte, bin ich natürlich nicht objektiv im Blick auf ihre Bedeutung und ihren Nutzen. Ich bin vielmehr aufrichtig davon überzeugt, dass unser Berliner Dokument von bahnbrechendem Charakter ist.
Die Aufforderungen an die Juden und jüdischen Gemeinden wurden von einigen Juden als ein "Waschen schmutziger Wäsche in aller Öffentlichkeit" kritisiert. Wie können wir bei all dem Antisemitismus in der Welt nur derart selbstkritisch sein? Demgegenüber meine ich allerdings, dass wir in Abraham ein wunderbares Vorbild finden. Als der Ewige ihm seinen Plan offenbarte (Gen. 18), Sodom und Gomorrha zu zerstören, war Abraham keineswegs zu ängstlich, um zu fragen: "Sollte der Richter der ganzen Erde nicht Gerechtigkeit üben?" (18,25). Abraham, der im Buch Jesaja (41,8) und im Koran (beispielsweise Sure 4,125) als großer Liebhaber und Freund Gottes bezeichnet wird, zeigte auf diese Weise vorbildhaft, was ich gerne "liebevolle Kritik" nenne. Kritik muss nicht als Zeichen von Entfremdung betrachtet werden, vielmehr kann sie auch als Zeichen von Engagement, Bindung und sogar Liebe verstanden werden. In diesem Sinne haben wir wahrlich in einer Pionierleistung erstmals ein Dokument erstellt, dass Christen und Juden gleichermaßen zur Gewissensprüfung in historischen, katechetischen und liturgischen Fragen aufruft.
Es kann durchaus sein, dass ich im Vergleich zu einigen Juden in der Diaspora, insbesondere in Europa, in meinem Verhältnis zu Nicht-Juden ein gutes Stück weniger unsicher bin. Schließlich habe ich seit nun fast vier Jahrzehnten in dem einzigen Land auf dieser Welt gelebt, hier würde ich „schließlich lebe ich“ schreiben in dem die Juden eine Mehrheit bilden. Allerdings glaube ich, dass meine Einstellung meiner Auswanderung nach Israel vorausgeht. Ich denke, sie ist das Ergebnis meiner Sozialisation in den Vereinigten Staaten von Amerika, in kleinen jüdischen Gemeinden außerhalb New Yorks, insbesondere aber in meiner Familie. Meine Eltern und Großeltern waren ebenso sehr zutiefst überzeugte Juden, wenn auch säkulare, wie auch Humanisten. Bereits in jungen Jahren wusste ich vom Holocaust, aber das erzeugte niemals Hass oder gar Misstrauen gegenüber Nicht-Juden in mir. Während meines ganzen Lebens hatte ich stets enge Freundschaften mit Christen. Wäre hier nicht eher ihrem Stil entsprechend „war ich stets/ immer mit Christen befreundet Warum das jetzt so einen Einzug macht weiß ich nicht, ist halt so.
In Jerusalem habe ich einen Kollegen, Daniel Rossing, ein religiöser Jude, der mit ortsansässigen, christlichen Palästinensern zusammen arbeitet. Er gründete eine Organisation namens JCJCR – Jerusalem Center for Jewish-Christian Relations (Jerusalem Zentrum für christlich-jüdische Beziehungen). Seiner Ansicht nach sind die zwölf Punkte von Berlin "außerordentlich unzulänglich"[1] in dem Sinne, als dass sie die Wirklichkeit in Israel nicht hinreichend berücksichtigen, wo Juden eine Mehrheit darstellen und Christen immer mehr zu einer schwindenden Minderheit werden. Er kritisierte das Dokument sehr heftig, weil es in der Kritik am jüdischen Verhalten gegenüber Christen und an der Politik Israels nicht deutlich genug werde. Ich denke, meine Antwort an Daniel ist zweifach: 1) Die Mehrheit der Juden innerhalb des ICCJ und darüber hinaus in der ganzen Welt lebt noch immer in der Diaspora. Auch wenn das gegenwärtige Israel die größte jüdische Gemeinschaft in der Welt darstellt, beherbergt es allenfalls 42% der Gesamtjudenheit. 2) Wenn das Dokument von einigen als zu kritisch, von anderen wiederum als zu unkritisch eingestuft wird, könnte es dann nicht sein, dass wir mit unserer Kritik gerade richtig liegen?
Ein bekannter Witz besagt: "Gerade weil du paranoid bist, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht gerade jetzt hinter dir her sind" Sogar Paranoide können reale Feinde haben. Das Phänomen des Antisemitismus und auch das des Neo-Nazismus beschäftigt uns nach wie vor, d.h., auch wenn einige Juden tatsächlich paranoid sein mögen, haben wir gleichwohl noch immer reale Feinde. Im Nahen Osten betrachten sich Palästinenser wie Israelis als Opfer des Konflikts. Es scheint, als ob sie Konkurrenten in einem "Opfer-Wettbewerb" sind. Eines der Probleme mit dem Status des Opfers liegt darin, dass es das Opfer daran hindert, Verantwortung für sein Tun zu übernehmen, einschließlich dafür, dass man auch andere zu Opfern macht. Ich glaube, im israelisch-palästinensischen Konflikt sind beide Seiten sowohl Opfer als auch Täter.
Es gibt einen wesentlichen Aspekt auf dem Weg zum Frieden zwischen Israelis und Palästinensern, der den beiden Gemeinschaften helfen würde, ihre Traumata zu heilen und ihre Ängste voreinander zu überwinden. Ich möchte gerne eine Idee vorstellen, auf die ich in Etz Hayim stieß, einem Torah-Kommentar, der kürzlich von der Bewegung der Konservativen Juden in Nordamerika vorgelegt wurde:
"Auf dem Weg aus Ägypten hin zum Sinai waren die Israeliten voller Zuversicht und Begeisterung. Die wahre Sünde Amaleks bestand darin, das er ihnen ihren Idealismus raubte und ihnen lehrte, die Welt sei ein unzuverlässiger und gefährlicher Ort."
Auch wenn ich – G'tt bewahre! – die Palästinenser nicht mit Amalek vergleichen will, glaube ich dennoch, dass dieser Kommentar wichtige Lehre für uns enthält. Während der schwierigen Jahre der (zweiten) Intifada stellte sich der Eindruck ein, dass die Selbstmordattentäter die israelischen Kinder nicht nur ihrer physischen Unversehrtheit berauben, sondern auch ihrer emotionalen Geborgenheit, ihrer Lebensfreude und ihres Vertrauens in die Welt. Ich denke, das Gleiche widerfährt augenblicklich den Kindern in Sderot und anderen Dörfern nahe der Grenze zum Gazastreifen. Und ebenso widerfährt es den Kindern jenseits der Grenze im Gazastreifen selbst. Ich fürchte, es wird eine lange Zeit brauchen, bis die Freude an der Jugend und das Gefühl von Sicherheit, das jungen Menschen beiderseits der Grenze genommen wurde, wieder in ihnen lebendig wird.
Zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts schrieb der walisische Dichter George Herbert: "Die beste Rache besteht darin, gut zu leben". Unsere Antwort auf die diversen Amaleks muss darin bestehen, weiterhin unser Leben als Juden mit moralischen Werten und einem sozialen Gewissen zu führen. Glücklicherweise hilft uns hierbei unsere Tradition in Form traditioneller Mechanismen zur Katharsis. Beispielsweise an Purim, wo wir uns an den Kampf gegen Amalek-Haman erinnern, ist es üblich, sich so sehr zu betrinken, "dass man den Unterschied zwischen 'Verflucht sei Haman' und 'Gesegnet sei Mordechai' nicht mehr erklären" kann. Ein Weg, um mit einer kalten, fremden Welt zurecht zu kommen, besteht darin, sich zu betrinken.
Freilich ist dies nicht gerade eine besonders konstruktive Methode und sie kann für einen selbst und für andere sehr gefährlich sein. Daher möchte ich gerne die Methode des sich Betrinkens mit den anderen Geboten des Purim-Festes ergänzen: Geschenke an die Armen und mishloah manot (den Nachbarn Lebensmittelgeschenke schicken) – Gebote, die eine sich gegenseitig unterstützende Gemeinschaft bilden. Das ist auch ein Weg, um mit einer grausamen Welt umzugehen, mit einer schwierigen Wirklichkeit und den verschiedenen Drangsalen des Lebens.
Die Opferrolle führt zu einer gewissen Selbstgerechtigkeit. Sie verleiht einer Opfergruppe durch das gemeinsame Leiden die Grundlage zur Solidarität. Aber es macht sie auch gegenüber anderen Aspekten ihrer Wirklichkeit blind. Im Blick auf das jüdische Volk und die nicht-jüdische Welt haben sich beispielsweise einige wichtige und weitreichende Veränderungen in den Jahrzehnten nach dem Holocaust ergeben. Ich stimme Daniels Einschätzung zur tiefsitzenden Ignoranz der meisten Israelis gegenüber ihren christlichen und muslimischen Nachbarn, ihrem Glauben und ihrer Kultur aus ganzem Herzen zu. Viel zu viele Juden, hier wie auch andernorts, sind sich der beeindruckenden und weitreichenden Veränderungen, die sich in vielen christlichen Kirchen im 20. Jahrhundert vollzogen haben, nicht bewusst. Die wohl dramatischsten Veränderungen in der Katholischen Kirche begannen mit dem Zweiten Vatikanum, aber auch in den anderen Konfessionen vollzogen sich ähnliche Veränderungen.[2] Eine Anekdote macht das recht deutlich: Vor mehr als einem Jahrzehnt, im Frühjahr 1999, wurden Rabbiner David Rosen und ich zu einem Treffen im israelischen Ministerium für Bildung und Erziehung eingeladen. Ich dachte, es würde um die Reise des Papstes, Johannes Paul II., nach Israel gehen, die für das Jahr 2000 geplant war. Man hoffte, dass Hunderttausende von christlichen Pilgern in seinem Gefolge auftauchen und das neue Jahrtausend begrüßen würden. Mir war klar, dass das Ministerium uns einlud, um geeignete Maßnahmen zur Vorbereitung auf diese wichtige Entwicklung für israelisch-jüdische Schulkinder zu entwickeln.
So kam ich gut vorbereitet zu diesem Treffen mit einer Liste von Bildungsmaßnahmen, Rednern, Filmen, Exkursionsvorschlägen für Schulklassen und wie all diese Ideen an verschiedenen Stellen der Lehrpläne zu integrieren seien. Zu meiner Bestürzung begann der Vorsitzende des Treffens mit der Frage, warum wir in Anbetracht der Kreuzzüge und der Inquisition all diese Christen überhaupt willkommen heißen sollten!
Wie allgemein bekannt, wurden die meisten der grandiosen Pläne für den erwarteten Massentourismus niemals umgesetzt, da kurz nach dem Besuch des Papstes, der für sich genommen eine äußerst bedeutsame Erfahrung darstellte, die Zweite Intifada ausbrach. Seitdem bin ich niemals wieder eingeladen worden, obwohl viele Jahre vergangen sind und inzwischen schon ein anderer Papst, Benedikt XVI., ebenfalls nach Jerusalem kam und wieder ging.
Deshalb würde ich gegenüber Daniel argumentieren, dass die Berliner Thesen auch für israelische Juden von Bedeutung sind.
Ich persönlich denke, dass die größte Herausforderung für Juden sowohl in Israel wie auch in der Diaspora darin liegt, eine angemessene Balance zwischen den partikularen und universalen Aspekten unserer Tradition zu finden – zwischen den Sorgen und Nöten der gesamten Menschheit und den besonderen Sorgen und Nöten von uns Juden.[3] Jacob Agus, ein konservativer jüdischer Denker im 20. Jahrhundert, schrieb über die Idee der jüdischen Auserwähltheit:
"Als ein Bestandteil des Glaubens sollte das Gefühl, "auserwählt" zu sein, verallgemeinert werden; jeder Mensch sollte eine Berufung für sich finden und ihr folgen. So sollte auch der Stolz, einem historischen Volk anzugehören, universalisiert werden. Alle Menschen (sic! DW) sollten auf die ehrenwerten Errungenschaften ihres jeweiligen Volkes stolz sein, ihre nationalen Gefühle überprüfen und sich vor ihren kollektiven Schwächen schützen, genau so, wie es auch uns Juden geboten ist."[4]
Sein Vorschlag scheint auf eine Idee zurückzugehen, die erstmals in den Arbeiten des deutsch-jüdischen Philosophen Samson Raphael Hirsch im 19. Jahrhundert auftauchte, dass nämlich jede Nation für bestimmte Zwecke auserwählt worden ist. Nichtsdestotrotz ist kaum zu verleugnen, dass es bestimmte einzigartige Charakteristiken der jüdischen Geschichte und Kultur gibt. Nur wenige andere Völker teilen die historische und geografische Weite, wie sie der jüdischen Existenz zueigen ist. Das komplexe Amalgam aus Religion und Nationalität, die Diaspora-Existenz, die Geschichte des Leidens und der Verfolgung, die Wiedergeburt in der Moderne – all das zusammengenommen scheint auf ein spezielles Erbe zu verweisen. Und dennoch, im Sine von Agus, könnten wir die Möglichkeit einräumen, dass andere Nationen von der ausgeprägten Dialektik zwischen Universalismus und Partikularität, mit der wir uns auseinandersetzen, etwas lernen könnten. Wie Agus es formuliert: "… wir sollten ein auserwähltes Volk sein – als Beispiel, nicht als Ausnahme."[5]
Zwei Mal finden wir in der Torah – einmal in Leviticus 11 und einmal in Deuteronomium 14 – eine Liste von nicht-koscheren Vögeln. Zu ihnen gehört chassida, der Storch. Es scheint, dass der Name dieses Vogels sich von dem Wort chessed, "tätige Liebe", ableitet. Unser großartiger mittelalterlicher Bibelkommentator Rashi fragt in Anknüpfung an den Midrash: "Warum wird dieser Vogel chassida genannt? Weil er Handlungen der chessed begeht, indem er seine Nahrung mit anderen Störchen teilt." Es brauchte hunderte von Jahren, bis die nächste logische Frage gestellt wurde, nämlich warum er dann nicht koscher ist? Diese Frage wurde im 19. Jahrhundert von dem Gerer Rebbe, bekannt als Chiddushi HaRim, gestellt. Er antwortete wie folgt: "Weil er Handlungen von chessed begeht, indem er seine Nahrung mit anderen Störchen teilt. Nur mit anderen Störchen."
In dieser kurzen Parabel spiegelt sich die Stärke und Schwäche von Gemeinschaften wieder; findet sich das Dilemma von Partikularität und Universalismus. Stark partikuläre Gemeinschaften begehen Handlungen der chessed gegenüber den Mitgliedern der eigenen Gruppe. Wie aber verhalten sie sich gegenüber Außenstehenden, die Mitglieder anderer Gemeinschaften sein mögen? Das ist die erzieherische Herausforderung, vor der wir heute stehen: Stolze, junge Juden zu formen, verwurzelt in ihrer eigenen Kultur, die sich nicht wie die Störche verhalten, sondern wie menschliche Wesen, die auch Mitgliedern anderer Gemeinschaften gegenüber Mitgefühl zeigen und Sorge entgegenbringen.
Um auf einen der oben bereits angesprochenen Aspekte zurückzukommen: Es gilt eine Unterscheidung zu treffen zwischen dem Gebrauch von Macht zu Zwecken der Selbstverteidigung oder zum Zwecke der Bestrafung als einem Akt der Rache. Oder, wie es ein Freund von mir ausdrückte: "Zionismus bedeutet, dass Juden sich die Hände schmutzig machen. Aber es gibt einen Unterschied zwischen dreckige Hände zu bekommen und sich im Schmutz zu suhlen."[6]
Einer der größten religiösen zionistischen Denker, ein wahrhaft mystischer Theologe, war Rabbiner Abraham Isaac HaKohen Kook (1865-1935). Sieht man, wie sein Ansatz sich im Denken seines Sohnes und dessen Nachfolger entwickelt hat, mag es vielleicht überraschend sein, dass Rabbi Kook einmal sagte: "Es geziemt sich für Jakob nicht, sich im politischen Leben zu engagieren zu einem Zeitpunkt, da Staatlichkeit Rücksichtslosigkeit und ein Talent zum Bösen erfordert."[7] In anderen Worten, der Zionismus sollte laut dieser Aussage noch nicht einmal fordern, dass wir uns unsere Hände schmutzig machen. Das ist freilich in hohem Maße utopisch. Und in Anbetracht der Tatsache, dass er im Jahre 1935 starb, muss man sich fragen, ob Rabbi Kook seine Meinung nicht geändert hätte, hätte er lange genug gelebt, um die Schrecken des Holocaust zu erleben.
Im Frühjahr 2010 starb im Alter von 81 Jahren einer meiner Lehrer und Mentoren, Professor Moshe Greenberg von der Abteilung für Biblische Studien an der Hebrew Universtiy von Jerusalem. Greenberg war darauf spezialisiert, einige problematische Texte innerhalb der jüdischen Tradition zu identifizieren und sich mit ihnen zu konfrontieren.[8] In einem Essay hat uns Greenberg einen hilfreichen Denkansatz vermittelt, wie mit solchen Texten umzugehen ist: "Selbst der allerfeinste Weinstock muss saisonal gestutzt werden, um ein weiterhin fruchtbares Wachstum zu garantieren."[9] Eine der Techniken eines solchen Stutzens könnte darin bestehen, problematische Texte innerhalb der jüdischen Geschichte zu kontextualisieren. Juden, die zu beinahe allen Zeiten und an allen Orten eine verfolgte, von den sie umgebenden Gesellschaften mitunter gewaltsam traktierte Minderheit waren, haben defensive , selbstisolierende Haltungen entwickelt. Die Opferrolle innerhalb der jüdischen Geschichte und das Gefühl erniedrigender Machtlosigkeit erreichte ihren tragischen Höhepunkt im europäischen Holocaust in den Jahren 1933 bis 1945. Wie ich bereits oben ausgeführt habe, wenn viele Juden heutzutage der Welt da draußen mit Misstrauen begegnen, dann geschieht das nicht ohne Grund.
Zugleich müssen wir allerdings auch lernen, die Vergangenheit zu überwinden und nicht in ihr zu verhaften. Mir scheint, wenn es eine Organisation gibt, von der wir das lernen könnten, dann ist es der DKR.
Aus dem Englischen übersetzt von Christoph Münz
Anmerkungen
[1] Daniel hat bei einem Treffen der traditionsreichen Dialoggruppe "The Rainbow" im Dezember 2009 einen Vortrag gehalten, den er hoffentlich auch veröffentlichen wird. Er hielt diesen Vortrag im Kontext der bereits das ganze Jahr über diskutierten Berliner Thesen des ICCJ: "Zeit zur Neuverpflichtung".
[2] Für eine entsprechend historische Dokumentation siehe beispielsweise: www.jcrelations.net.
[3]Siehe dazu meinen Beitrag "What We Are and Who We Are: Educating fort he Universal-Particula Dialectic in Jewish Life", in: Languages and Literature in Jewish Education. Studies in Honor of Michael Rosenak, veröffentlicht als Studies in Jewish Education, Volume XI, Hebrew University, 2006.
[4]Siehe: The Condition of Jewish Belief. Symposion der Herausgeber des Magazins COmmentary, veröffentlicht vom American Jewish Committee und Mac Millan, New York 1966, S. 13.
[5] Ebda.
[6] Private Unterhaltung mit Daniel Seidmann, Ausbildungsoffizier der Israelischen Streitkräfte, August 1980.
[7] Shlomo Avineri, The Making of Modern Zionism: The Intellectual Origins of the Jewish State, Weidenfeld und Nicolson, 1981, S.197.
[8] Siehe beispielsweise seinen Beitrag: "A Problematic Heritage: The Attitude towards the Gentile in Jewish Tradition – An Israeli Perspective", in: Conservative Judaism, Vol. XLVIII, Nr. 2, Winter 1996, S. 23-35.
[9] Zitiert in: Fox, Schefler, Marom, Visions of Jewish Education, University Press, Cambridge 2003, S. 145.
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